Mein Fremder

Es war ein Fremder, der heut Nacht

Mich auf die Lippen seelig küsste.

Er hat mich still nachhaus gebracht,

Mich meinem Schlafe froh vermacht

Und wusste, dass der Morgen sacht

Mich später wieder wecken müsste.


Es war ein Fremder – sein Gesicht

Blieb mir im Schlummertief verborgen.

Ich weiß nur, dass sein Atem schlicht

Dem Atem eines Nachbarn glich —

Ein Hauch von unerspähtem Licht

Blieb mir bis in den frühen Morgen.


Es ist mein Fremder von nun an.

Und kenn ich ihn auch nicht bei Namen.

Die Spur führt bis zur Fensterbank,

Von dort aus zieht ein Höhendrang

Und spült und sprüht mit Sternentrank

In hohe Stille hoher Gaben.

25. Juni 2017

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